Home-Office, Telearbeitsplatz oder Remote Work – nur Wortklaubereien von Juristen? Mitnichten. Es gibt einen großen Unterschied zwischen ihnen und den sollten Arbeitgeber kennen.
In unserem alltäglichen Sprachgebrauch nutzen wir die Begriffe Home-Office, “Telearbeitsplatz” und mobile oder remote Arbeit oftmals weitgehend simultan. Doch rechtlich gesehen gibt es durchaus Unterschiede zwischen diesen verschiedenen Konzepten. Und diese Unterschiede sind relevant für alle, die auch mal außerhalb des Büros arbeiten – und vor allem sind sie wichtig für alle Arbeitgeber/innen, die ihre Angestellten ins Home-Office schicken wollen.
Für mehrere Dekaden waren der Standort der Firma und der Arbeitsort für viele Professionen identisch – die Menschen verschwanden Morgen für Morgen in Büros, Läden, Praxen oder Werkstätten, um abends wieder in ihr Privatleben entlassen zu werden. Arbeit und Freizeit waren räumlich streng getrennt – im Büro wurde gearbeitet, daheim waren Familie und Feierabend. Diese strikte Trennung begann sich jedoch in den vergangenen Jahren aufzuweichen, vor allem dank des technischen Fortschritts: Computer wurden tragbar, mit einem Smartphone waren wir irgendwann überall erreichbar und zunehmend waren Unterlagen und Dokumente durch Cloud-Technologie auch von außerhalb des Büros zugänglich.
In Kombination mit einer Flexibilisierung von Arbeitszeiten verlagern sich gerade für Kopfarbeiter/innen immer mehr Aufgaben oder Arbeitsblöcke in ihr Privatleben. Oder man bleibt gleich einen ganzen Tag daheim – gesetzlich gibt es zwar noch kein Recht auf Home-Office, aber in diesem Herbst wollte Hubertus Heil, der Bundesarbeitsminister, ein solches Recht gesetzlich festschreiben: 24 Tage sollte es geben, also zwei Tage im Monat. Zwar scheiterte Heil damit, doch was sein Vorstoß vor allem zeigt, ist, dass das Home-Office keine exotische Ausnahme mehr ist.
Doch ob Fabrik oder Büro: Für den Arbeitsplatz, seine Einrichtung und seine Sicherheit ist der Arbeitgeber zuständig, dafür hat der Gesetzgeber gesorgt. Er schreibt fest, wie ein Arbeitsplatz beleuchtet sein muss, damit alle gut arbeiten können, wie Kabel verstaut sein müssen, damit niemand stolpert, oder wie Tische und Stühle ergonomisch gestaltet sein müssen, um Verletzungen und Fehlhaltungen zu vermeiden. Diese Pflicht endet für den Arbeitgeber aber nicht an den Pforten seiner Niederlassung – wenn seine Angestellten ins Home-Office gehen, bleibt er weiterhin verantwortlich dafür.
Wer also als Arbeitgeber/in seine Mitarbeitenden ins Home-Office schickt, muss ihnen dort einen Arbeitsplatz einrichten. Und Home-Office heißt hier – im Unterschied zum mobilen Arbeiten -, dass die Menschen tatsächlich in ihren eigenen Wohnungen arbeiten. Es gibt verschiedene Vorschriften, die hier genauso wie im Büro zur Anwendung kommen, die Arbeitsstättenverordnung oder das Arbeitszeitgesetz sind nur zwei davon. Manchmal wird diese Verlängerung des Büros hinein in die eigenen vier Wände auch etwas sperrig Telearbeit genannt. Und wo wir nur ab und zu im Home-Office sind, sprechen Jurist/innen von “alternierender Telearbeit”.
Mobile oder remote Arbeit ist hingegen eine Arbeit, die von überall erfolgen kann: Da wird der Laptop mal eben am Flughafen oder im Bahnhof aufgeklappt oder die Mitarbeitenden buchen sich an einem sogenannten “dritten Ort” ein und arbeiten von dort: Aus dem Café oder dem Coworking-Space. Was beiden Formen der Arbeitsorte gemein ist, ob es das klassische Home-Office ist oder die mobile Arbeit: Sie brauchen eine schriftliche Vereinbarung – entweder individuelle mit einzelnen Mitarbeiter/innen oder eine Betriebsvereinbarung für alle, die Details wie den zeitlichen Umfang, die Ausgestaltung oder auch die Beendigung regelt.
Was das Home-Office maßgeblich von der mobilen Arbeit unterscheidet, ist also vor allem seine stärkere Regulierung. Heißt im Klartext: Der Arbeitgeber ist im Home-Office genauso für die Einhaltung von zum Beispiel der Arbeitsstättenverordnung zuständig. Für die Ausstattung oder Gestaltung eines Coworking-Spaces hingegen ist er nur zuständig, wenn er dort feste Plätze für seine Mitarbeiter/innen anmietet. Wenn seine Mitarbeiter/innen nur ab und zu von dort arbeiten, ist er nicht in der Pflicht.
Damit ist die mobile Arbeit auf den ersten Blick viel niedrigschwelliger in der Umsetzung – es braucht eine Betriebsvereinbarung, ein paar Laptops und dann kann es schon losgehen. Doch Unternehmen sollten zwei Dinge im Blick haben: Zum einen, dass es sich in dem Moment, in dem die Menschen überwiegend daheim arbeiten, um Telearbeit und nicht mobile Arbeit handelt – mit den genannten Konsequenzen. Und dass diese Regelungen zum Arbeitsschutz auch ihre Berechtigung haben und nicht allein ein Kostenfaktor sind. Vielleicht ist mobile Arbeit auf den ersten Blick günstiger, weil nicht vom ersten Tag an ein vollausgestatteter Heimarbeitsplatz in die Wohnungen gestellt werden muss. Doch wenn Unternehmen ihre Mitarbeitenden in die remote Diaspora schicken, ohne sich mit ihrer Ausgestaltung zu beschäftigen, kann das später Folgekosten nach sich ziehen.
Das können wir gut an den Regelungen zur Ergonomie ablesen: Sie einzuhalten erfordert im Home-Office für den Arbeitgeber eine höhere Anfangsinvestition, ohne Frage. Doch solche Regelungen haben ja ihren Sinn – und zwar, die Gesundheit und damit Arbeitsfähigkeit der Arbeitenden dauerhaft zu erhalten.
Es ist also für Unternehmen durchaus sinnvoll, darüber nachzudenken, dieses Geld in die Hand zu nehmen – und sie als wertvolle Investitionen in ihre Mitarbeitenden und die langfristige Entwicklung einer remoten Arbeitskultur in der Organisation anzusehen.
Und das bedeutet:
Wir dürfen uns nicht davon täuschen lassen, dass es in der momentanen Ausnahmesituation viele Notlösungen gibt – doch in Zukunft werden Gesundheit und Sicherheit auch im Home-Office nicht verhandelbar sein. Eine Betriebsvereinbarung ist ein erster Schritt, auf die eine konzeptionell und qualitativ starke Umsetzung folgen sollte. Das fördert eine gute Zusammenarbeit in der Organisation – und erhöht die Arbeitgeberattraktivität: Denn die Menschen werden genau das in Zukunft auch erwarten.
Stephan Haida ist gelernter Bankkaufmann. Seit 2002 ist der geschäftsführender Gesellschafter von Artlife, einem der 30 größten Messebauunternehmen Deutschlands mit einem Jahresumsatz von 15 Mio. Euro. Seit 2014 ist er Vorstandsmitglied des Branchenverbandes FAMAB und seit 2018 ist er dort stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Zusammen mit fünf weiteren mittelständischen Unternehmen hat er im Jahr 2020 Home Office Total (HOT) gegründet. HOT realisiert individuelle, arbeitsschutzgerechte und von Fachkräften für Arbeitssicherheit zertifizierte Home-Office-Lösungen. Mehr Informationen unter www.home-office-total.de
Stephan Haida (Quelle: HOT)
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