Das Home-Office soll das Büro nicht ersetzen. Es geht in Zukunft vielmehr um eine Auseinandersetzung damit, welche Arbeit an welchen Ort passt. Und so wird aus der Präsenzpflicht dann plötzlich Wertearbeit.
Das Home-Office und Remote Work sollen das Büro nicht ersetzen – vielmehr soll das Home-Office das Büro sinnvoll ergänzen. Es ist nämlich nicht das Ziel, die eine starre Art zu arbeiten durch eine andere ebenso starre Art zu ersetzen, wie die vorhergehende Präsenz im Büro durch eine selbstorganisierte Absenz im Home-Office oder einem Coworking Space. Sondern es soll vor allem darum gehen, Wahlmöglichkeiten zu schaffen und ein Bewusstsein zu kreieren, welche Aufgaben am besten von welchem Ort zu erledigen sind. Zweite und dritte Orte der Arbeit – neben dem klassischen Büro – können helfen, anders auf unsere Arbeit zu schauen und zu lernen, sie anders zu organisieren.
In unserem Verständnis von Arbeit haben die verschiedenen Arbeitsorte ihre verschiedenen Bedeutungen. Je nachdem, was anliegt, können die unterschiedlichen Orte uns dabei unterstützen, unsere Arbeit besser und produktiver zu erledigen. Geht es um konzentrierte Arbeit? Darum, etwas vom Tisch zu kriegen? Dafür ist vielleicht das Home-Office besser geeignet. Geht es um kreative Arbeit, vielleicht Ideenfindung im Team? Darum, dass sich die Kolleg/innen besser kennenlernen, Vertrauen aufzubauen, vielleicht auch Konflikte lösen? Dafür können gemeinsam genutzte Räume wie das Büro der richtige Ort sein.
Die Arbeitenden ermuntern und ermächtigen
Es geht in Zukunft zunehmend darum, die Arbeitenden zu ermuntern und sie zu ermächtigen, sich ganz neu mit ihrer Arbeit auseinanderzusetzen und ihnen die Möglichkeit zu geben, selbst zu entscheiden, was sie an diesem Tag für die Aufgaben, die vor ihnen liegen, brauchen. Neue Arbeit ist Flexibilisierung – wir sehen das bei Arbeitszeiten oder auch bei Organisationsstrukturen. Warum sollte diese Flexibilisierung vor unseren Arbeitsorten haltmachen?
Natürlich tut sie das nicht. Neue Arbeit heißt, sich damit auseinanderzusetzen, wie und wo wir arbeiten wollen und das führt uns auch zu einer Auseinandersetzung mit unseren Büros. Sie verändern sich nicht nur in ihrer Ausstattung – von Einzelbüros über Großraumbüros bis hin zu Büros, die verschiedene Arbeitszonen anbieten –, sondern auch in der Funktion, die sie für die Arbeit einnehmen.
Welche Aufgaben können die Räume für uns erfüllen?
Es geht jetzt darum, sich mit dem Glaubenssatz auseinanderzusetzen, dass das Büro der Ort ist, an dem wir unsere Arbeit am besten erledigen können. Das ist ein Gedanke, der in vielen Köpfen fest verankert ist – aber stimmt er auch? Wenn wir genau hinschauen: Wo können wir denn welche Arbeit tatsächlich besser verrichten? Wenn wir aus diesem Blickwinkel auf das Büro schauen, erkennen wir, dass das Büro für manche Anforderungen ganz wunderbar geeignet ist, es für andere aber bessere Räume gibt.
Die Lösung ist also nicht, sich für oder gegen das Home-Office zu entscheiden, sondern das Ziel sollte sein, sich mit Remote Work auseinanderzusetzen und sich zu fragen: Welche Aufgaben sollen (oder können) die unterschiedlichen Räume für uns erfüllen?
Nicht nur ins Büro fahren, weil man es gewöhnt ist
Und das führt uns zu einer Art Präsenzkultur 2.0: Es geht nicht darum, im Büro anwesend sein um der Anwesenheit willen, sondern um eine Auseinandersetzung damit, welche Aufgaben am besten von wo erledigt werden können und wie wir das in der Zusammenarbeit realisieren können. Präsenz 2.0 heißt: Ganz bewusst für gewisse Vorhaben im Büro zusammenkommen und dieses Zusammenkommen bewusst nutzen. Und nicht nur ins Büro zu fahren, weil man es eben so gewohnt ist.
Und damit bedeutet Präsenz 2.0 eben auch, sich mit der Präsenz 1.0 auseinanderzusetzen und zu reflektieren, welche Glaubenssätze oder Werte hinter der oft damit einhergehenden Präsenzpflicht stehen. Präsenz 2.0 ist Wertearbeit: Welche Werte sollen unsere Zusammenarbeit in Zukunft prägen? Und müssen wir dafür tatsächlich im selben Büro sitzen? Aber auch: Welche Funktion nimmt unser gemeinsam genutztes Büro für uns ein und wie können wir dafür sorgen, dass es diese Funktion optimal erfüllen kann?
Adieu Präsenzpflicht
Und Präsenz 2.0 heißt damit auch, sich von einer Präsenzpflicht zu verabschieden. Präsenz an sich kann natürlich sinnvoll und nützlich sein: Es entsteht eine besondere Energie, wenn Menschen an einem Ort zusammenkommen. Und diese Energie können wir für unsere Arbeit ganz bewusst nutzen. Doch in dem Moment, wo wir eine Anwesenheit erwarten, wo die Präsenz zur Norm und damit auch zur Pflicht wird, entheben wir uns selbst der Verantwortung, darüber nachzudenken, wann Präsenz tatsächlich die bessere Variante für die vor uns liegende Aufgabe ist.
Es soll bei Präsenz 2.0 nicht darum gehen, das Home-Office über das Büro zu erheben. Sondern es geht immer um einen intelligenten Umgang mit Flexibilisierung und um die Auseinandersetzung mit unserer Arbeit. Und es geht auch darum, den wahren Wert der Präsenz ganz neu zu erkennen: Präsenz 1.0, die Präsenzpflicht, macht uns krank, unglücklich und unproduktiv. Präsenz 2.0 hat das Potenzial, dass wir wieder Verantwortung für unsere Arbeit übernehmen, dass wir die Entfremdung von unserer Arbeit überwinden. Präsenz 2.0 öffnet auch die Türen für eine ganz neue Auseinandersetzung mit Führung. Und sie hilft uns, das innovative Potenzial von Präsenz neu schätzen und auszuschöpfen lernen.
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